Mode und Hund 

Ich würde mich selbst als modebewusst bezeichnen wollen; mir ist klar, dass so etwas durchaus im Auge des Betrachters liegt. Zumindest habe ich mir täglich Gedanken darüber gemacht was ich anziehen soll, um meinen individuellen Style zum Ausdruck zu bringen.

 

Dieses Bewusstsein ist mir mittlerweile zwar nicht abhanden gekommen, aber der Blickwinkel hat sich ein wenig verändert. Denn jetzt stellt sich die Frage "Wie sehe ich im Park, wenn ich mit dem Hund durch Matsch und Dreck wate, am wenigsten scheiße aus?". 

Es ist nicht leicht das eigene Stilbewusstsein als Hundebesitzer aufrecht zu erhalten. Jeden Tag kämpft man erneut den Kampf mit sich selbst nicht einfach mit ner schmutzigen Jogginghose auf Tour zu gehen, weil wird ja eh dreckig.

Man muss sich immer wieder daran erinnern, dass man ein Mensch ist, dem das Privileg zu Teil wurde sich mit den schönsten Gewändern einzukleiden. Man darf nicht komplett zu einem Hundekumpel mutieren. Vor allem darf man nicht vergessen, dass man andere Menschen trifft, die meine Verhüllung durchaus als sonderbar erachten könnten.

 

Deshalb wird mehrmals im Monat das Internet bemüht, um funktionsfähige, wasserdichte und schmutzresistente Kleidung zu finden.

Das fängt das Problem allerdings schon an; Funktionsfähigkeit und Resistenz gegen alle Arten von Flüssigkeiten sind nun gerade nicht die Attribute für ästhetische Kleider. Aber es gibt sie, nicht in großer Auswahl, aber es gibt sie.

Mit dem Hund kamen die Gummistiefel, die Regenjacke, die Hundetasche, die Thermohandschuhe, die Thermostrumpfhose, die Thermosocken. Und es gingen die hellen Mäntel, die Stoffhose, die schönen Lederschuhe und überhaupt jegliche Kleidung die einen vorteilhaft erscheinen ließ.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen, die Klamotten existieren durchaus, aber führen ein einsames und ungetragenes Leben im Kleiderschrank. Manchmal streichel ich sie, da ich sie auch vermisse.

Hin und wieder befreit man eines dieser im Exil lebenden Stücke, zum Beispiel, wenn man ohne Hund unterwegs ist oder sich zumindest nicht in schlammigen Gefilden rumtreibt. Man reißt die Tür des Kleiderschranks auf und wird von frenetischem Beifall begrüßt, während die vernachlässigten Teile einem geradezu entgegen schreien "Nimm mich". Das Herz geht auf, die Seidenbluse schmiegt sich liebevoll an den Körper und die Hose (die ohne Flecken) knöpft sich schon von alleine auf. Komme mir vor wie eine Disney-Prinzessin die von allen Waldtieren für den Ball eingekleidet wird. Während mir die Vöglein die feinsten Gewänder überstreifen, stehen die Rehe und Hirsche am Fenster und singen ein liebliches Lied. 

 

Die neidischen Blicke der anderen Klamotten ignorierend schließe ich die Tür, um stolz als Mensch verkleidet loszustapfen. Ja und 5-6 Stunden später war´s das auch schon wieder, die Kleider müssen zurück in den Kerker und ich mit dem Hund raus.

Man kann das alles auch positiv sehen; es gibt keine unüberlegten Frustkäufe mehr. Man kauft jetzt nur noch das, was man wirklich braucht.

Es kommt durchaus vor, dass man vor einem Teil steht, dass einfach "Kauf mich!" schreit. Der Preis hält nicht mehr vom Kauf ab (hat er das je?), sondern während man vor dem Objekt der Begierde steht, rattert einem durch den Kopf "Wann soll ich das anziehen? Wenn ich mal ausgehe, ja! Mal ehrlich wann bist du das letzte Mal ausgegangen? Genau, und für den Hundespielplatz ist es zu schade".  Nein, da lässt sich nicht schön reden, das Teil ist einfach nicht praktisch. 

 

"Praktisch" - wie ich dieses Wort hasse. Schon vor Jahren habe ich mir geschworen mich wegen nichts und niemanden so gehen zu lassen, dass ich mich danach kleide wie praktisch es ist.

 

Stichwort "Mütter"! Ganz rotes Tuch. Wenn diese Geschöpfe erzählen, dass sie jetzt wo sie Kinder haben, überhaupt gar keine Zeit dafür haben weiterhin ansehnlich für ihre Umwelt zu bleiben.  

 

Konnte ich nicht verstehen, wollte ich nicht verstehen.

Langsam mutiere ich genau zu solch einer "Mütter", nur mit dem Unterschied, dass ich mein Kind nicht aus mir heraus bugsieren musste. Wenigstens das! Die Figur stimmt wenigstens, da ich jedesmal 3 Stockwerke rauf und runter muss, wenn mein Baby mal aus der Hose muss.

Das unpraktischste Teil das ich besitze ist ein Paar Lackschuhe. Zu meiner Verteidigung,habe ich vor dem Hund gekauft, also anno v. Osk.

Auch wenn ich nicht auf dem Hundespielplatz stehe sind diese Schuhe kaum zu gebrauchen. Bin nunmal meistens mit Oskar unterwegs... der muss nur einmal mit seinen kleinen Krallen über den Schuh streifen und ZACK! haste ne Schmarre drin, geht gar nicht. Sie stehen jetzt im Schuhregal und sehen hübsch aus, noch ohne Kratzer. Da es so bleiben soll werde ich sie wahrscheinlich nie wieder anziehen!

Nichtsdestotrotz ist das Leben mit Hund viel schöner. Ich mach das alles für meinen Hund, weil ich ihn liebe. Er liebt mich auch, egal was ich trage; was bringt es ihm, wenn ich vorsichtig wie durch ein Mienenfeld latsche, nur damit meine Kleidung nicht schmutzig wird. Wir müssen zusammen die Welt erkunden, durch jede Pfütze gehen und schlammigen Pfaden folgen. Nur das macht das Hundchen glücklich, das schafft Bindung. Egal was andere denken. Mir ist eh nur wichtig was mein Hund von mir hält und dafür tue ich alles! Da müssen sich alle Lackschuhe dieser Welt leider hinten anstellen...



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